Irgendwie wundere ich mich immer wieder. Warum gibt es Le Samouraï/ Der eiskalte Engel (1967) nicht auf DVD? Wie ich nach Suchen erfahren habe, gibt es ihn wohl irgendwo auch im Originalsprache samt vielleicht, womöglich noch englischer Sprachausgabe, aber dran kommt man auch nicht, wenn man mal vom teueren Preis absieht, denn der Versand ins Ausland ist derzeit nicht möglich oder so ähnlich schrieben sie mir zurück.
Dabei ist das nicht nur ein toller und an sich berühmter Film, sondern nicht nur filmgeschichtlich wichtiger Film. Soweit man eben so was für wichtig erachtet, aber ihr kennt mich ja. Das Zitat:
„Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht der eines Tigers im Dschungel.“ Kennt fast jeder, auch wenn er nicht den Film kennt. Dieser Satz ist das Motto und die Einleitung in den Film und die Hauptfigur des Filmes. Im Film heißt es, dass das Zitat dem Buch Bushido entnommen sei, ist aber rein fiktiv (das Buch gibt es gar nicht, bei den Begriff Bushido geht es um einen Ehrenkodex der Samurai in Japan, der gar nicht aufgeschrieben war). Der Filmemacher Melville stellt damit gleich zu Anfang sicher, dass er keine realen Personen beschreibt, sondern vollkommen fiktive Figuren in einer fiktiven Welt. Der „Samurai“, in seinem Film ein Auftragsmörder hat weder Vergangenheit noch soziale Stellung, er ist losgelöst. Melville beschreibt selbst in einem Interview seine Vorgehensweise:
„Ich habe nie realistische Gangsterfilme gemacht. Es gibt nichts Langweiligeres und Idiotischeres als das französische Gangsterleben. Gangster sind Dummköpfe. Ich habe eine Gangsterrasse erfunden, die nirgends auf der Welt existiert - auch in den USA nicht. Mein Gangstertyp entspringt nur meiner Phantasie." (Quelle)
Trotzdem ließ sich Melville von der Realität beeinflussen, so zeigt der Killer Costello (von Alain Delon dargestellt) Anzeichen einer schizoiden Persönlichkeit, gleich zu Anfang kann der Betrachter durch einen Vertigoeffekt bemerken, dass mit Costello etwas nicht stimmt, dazu kommen die schizoidtypischen Merkmale, wie das Einzelgängertum, die Distanz zu Mitmenschen, Apathie, sehr zurück genommene Mimik, Unzugänglichkeit im Umgang mit Menschen, wobei das Auftreten dabei durchaus elegant und formvollendet ist. Zusätzlich zeigt Melville Costello in geschlossenen Räumen, Fenstern mit Vorhängen, Autos, auf denen Regenschleier ruhen, verschattet durch den Hut, alles eine Umschreibung für das Gefühl der Abgeschottetsein einer schizoiden Persönlichkeit, sie fühlt sich nicht am Leben teilnehmend. Das Innere der Person ist das genaue Gegenteil der äußeren Hülle.
Mit dieser eindringlich dargestellten Figur, die kaum Worte benötigt (Delon nahm unter anderem die Rolle an, weil sie kaum Dialoge hat) wurde ein Meisterwerk des Film Noir geschaffen, auf welches sich nicht nur immer wieder Filmemacher wie Tarantino, Fincher und Woo beziehen oder orientieren, sondern auch die Computerspielszene. Costello ist der Killer an sich. In Hitman führt der ebenfalls emotionslose Auftragsmörder genau wie Costello einen Kanarienvogel mit sich (im Film eine „natürliche Alarmanlage“). Und außerdem gibt es da noch ein modernes, amerikanisch kontextualisiertes Remake von Jarmusch: Ghost Dog – Der Weg der Samurai.
Außer dass es einer meiner Lieblingsfilme ist, verdammt gute Gründe, warum der Film als DVD erhältlich sein sollte!!! Und einer meiner Lieblingsfilme ist er nicht nur wegen der Kameraeinstellung und schon „leicht“ erwähnte Darstellung von der Hauptfigur, sondern auch der Geschichte, die auch toll ist ohne dass sie die Figur des Killers geprägt hat, einfach weil sie irgendwie schlicht ist. Nach einem Mordauftrag ist die Polizei Costello auf der Spur, da er aber sich ein Alibi besorgt hat und ihn eine Zeugin deckt kann sie ihm nichts anhaben, trotzdem sind seine ehemaligen Auftragsgeber verunsichert und entschließen sich ihn zu beseitigen. Er soll die Zeugin, die ihn deckte ermorden, dabei spielen sie diesen Plan der Polizei zu. Costello führt den Plan aus, obwohl er genau weiß was passieren wird. Er erscheint trotzdem, will aber den Auftrag nicht erfüllen, denn er hat sich in die Zeugin verliebt.
Dabei liegt die Interpretation klar auf der Hand, so sagt Melville selber, dass die Zeugin den Tod verkörpere, Costello verliebt sich in sie, geht also freiwillig in den Tod. Er ist in die Enge getrieben, lebensmüde und ohne seine Tätigkeit sinnlos.