Aber der Tag war längst nicht zu Ende
Schon vorm Bürgerbüro hatte sich die Delegation meiner Familie verabschiedet, mit dem Auftrag an mich noch Milch zu besorgen. Geht klar.
Da mein MP3-Player bei der Hinfahrt des Geist aufgegeben hat, will ich zu einem Laden am Ende der Stadt fahren, vielleicht kann da einer das Gerät beschwören oder mir ein neues vermitteln. Auf dem Rückweg kann ich dann meine Fahrkarte zurück in den Süden kaufen und gleich nebenan beim Supermarkt die Milch. Großartige Planung also.
Der Technikmagier vom Laden hat weniger Ahnung von MP3-Playern als ich, allerdings ist er nett. Er lächelt mich schon die ganze Zeit so an, als würden wir uns kennen. Verdammt! Er duzt mich auch, tun aber irgendwie alle heute. Falls ich ihn kennen sollte, duze ich ihn einfach auch. Er sieht so aus wie ein Bruder von… oder? Aber eins ist sicher, mein MP3-Player ist hinüber, fast schon tot. Weder er, noch sein Kollege sehen da eine Hoffnung. Ich ahnte es schon, ich hatte mich schon nach neuen Geräten umgesehen. Das Gerät welches ich im Kopf hatte, führten sie nicht, aber den Bruder. Und sogar mit zwei GB mehr als ich so in der Preisklasse erwartete. Als ich nach den Unterschieden mich erkundigte kam nicht wirklich etwas Nützliches heraus, aber ich hatte ja auch schon Vorwissen. Man, ich kenne mich schließlich nach einem Abendeinlesen aus in der Branche…
Mit einem wunderschönen Gerät mehr und viel zu wenige Geld in der Tasche fuhr ich mit dem Hollandrad vom Hof, der nette Elektrospezialist winkte mir lächelnd nach. Im Geiste ging ich nochmals meine Exfreunde durch… Nein, er gehörte definitiv nicht dazu! Aber wer war das dann? Wer hat hier sonst einen Grund so auffällig nett zu sein?
Die genau gegenteilige Frage stelle ich mir 15 Minuten später bei der Bahn-Ticket-Service-Frau. Warum ist die so verdammt ätzend?
Ja nee, deutschlandweit muss man für Serviceleistungen fünf Euro mehr zahlen, aber die Preise an den Automaten seien ja da. Ja, leider nur etwas zu hoch für mich und direkt in der Sonne, so dass man nichts auf dem Display erkennen könne. Ich also auf Zehenspitzen, meine Strickjacke über den Kopf mit der einen hand noch vor die Sonne geschoben, so dass ich wenigstens etwas erahnen kann. Ja, aber wenn ich den Reisetag angebe, zeigt er mir nur Fahrtermine einen tag später an. Ich ticke noch nicht aus sondern versuche ihn auszutricksen… klappt nur leider nicht. Ein Junge will mir helfen, ich gucke ihn erst wie ein kaputtes Auto an, lasse es ihn aber dann auch versuchen. Ja, erfolglos gibt er sich auch geschlagen. Ich gehe also zurück zu der Dame im klimatisierten „Servicecenter“, ich berichte, dass der Automat eine Störung hätte und man überhaupt da auch mal ein Sonnensegel hinstellen müsste und vielleicht noch so was wie eine Stufe für fast schon kleinwüchsige… Sie schüttelt nur den Kopf, dafür ist sie nicht zuständig.
„Äh, aber Sie sind doch von der Bahn, Sie sind dann meine Ansprechpartnerin, oder nicht?“
„Nein, für den Automaten gibt es eine Hotline, ich bin nur für die Räumlichkeiten hier zuständig.“
Kurz denke ich darüber nach hier ein Chaos zu zaubern, damit sie auch etwas zu tun bekommt. Entscheide mich aber dafür erstmal die Karte bei ihr zu kaufen, sonst ist mein Sparkontingent nämlich womöglich ausverkauft. Und einen Tag länger in dieser Hölle will ich wirklich nicht.
Noch mehr Geld wechselt den Besitzer. Ich gehe zum Supermarkt und kaufe Milch, die kurz darauf in meinem Rucksack auslaufen sollte. Ich wundere mich kaum über die kalte, weiße Flüssigkeit an meinem Rücken, als ich die Auffahrt zum Haus meiner Eltern hochfahre.