"Auf meinem Grabstein soll stehen: Auf Wiedersehen! Das ist die schönste Drohung, die ich mir vorstellen kann."
In vielen Berichten und jetzt auch in drei Aufführungen kann man die künstlerische Auseinandersetzung mit der eigenen Krankheit von Schlingensief miterleben, dabei spüre ich wie so oft mit der Beschäftigung mit seinem Werk eine große Ambivalenz. Ich fühle mich hin und her gerissen, nicht nur dass meine Urteile wie ein Pendel im Raum schwingen sein Werk für mich zwischen Einfühlsamkeit, Höchstinteresse und widerlicher Effekthascherei und Banalität, falscher Erkenntnis und Wirklichkeitserfahrung.
Und als ich nur die wenigen und kurzen Aufnahmen "Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" sah, schwang das Pendel in mir wieder stark aus. Aber Pilz trifft es ganz gut mit der Aussage: „In Duisburg war es, als säße man mit Schlingensief am überbordenden Altar der Endlichkeitsanbetung, in Berlin ist es, als blättere man mit ihm in der Krankenakte. Hier wie da entzieht sich das Theater jedoch jeder Kritik - der Künstler Schlingensief macht sich unangreifbar, weil der (kranke) Mensch Schlingensief inszeniert ist. Krankheit aber lässt sich nicht kritisieren, nur heilen oder annehmen.“
Wobei das Werk sehr wohl kritisierbar bleibt, aber man sich fragen muss, ob Effekthascherei in diesem Zusammenhang überhaupt existieren kann. Mein Pendel schlägt jedenfalls nahezu nur in Richtung der Intensität.
Diese Nutzung des Privaten bis aufs Äußerste, die Kunst des eigenen Überlebens und Sterbens zeigen, das rührt nicht nur an, es ist brutal und rüttelt gerade wegen der Anmahnung der Authentizität an.