Pannen, oder aber "mein" Tag
Tatsächlich kann die Vorfreude etwas sein, was einem unheimlich viel mehr Vergnügen bereiten kann als das worauf man sich gefreut hat. Wenn man mal davon absieht, dass ich wirklich zwei wunderschöne Geschenke bekommen habe unter anderem Konzertkarten für Muse, lief das meiste eher mal so ab, wie ich es mir gar nicht vorstellen konnte. Dabei scheint es von mir ein Hobby zu sein Horrorszenarien meines Lebens zu kreieren. Ich dachte immer darin bin ich gut, aber weit gefehlt. Obwohl ich jetzt meinen Bruder 25 Jahre kenne war ich auf den Supergau der Superlative nicht vorbereitet.
Ich war noch gar nicht 25, da klingelte das Telefon, bevor ich abnahm bekam ich den obligatorischen Geburtstagskuss samt Geburtstagskerze aus dem Badezimmer. Der Fanatiker (für die, die meinen Blog noch nicht lange verfolgen, das ist mein verquerer Lebensgefährte, der in jeder Lebenslage einfach fanatisch ist. Sein Blick gleicht etwa immer dem von einem Kind, welches kurz vor Weihnachten in der Spielzeugabteilung eines großen Kaufshaus steht und zusätzlich Fieberwahnvorstellungen hat…) erinnerte sich daran, dass ich höchst traditionell veranlagt bin und einen Kuchen und eine Lebenskerze zum Geburtstag lebensnotwendig brauche (ich habe es schon ohne ausprobiert, ein Wunder, dass ich noch lebe!) Der Kuchen war also noch im Ofen und die Kerze musste schnell aus dem Badezimmer geklaubt werden, da er sonst nicht wusste woher nehmen…
Aber zurück zum Anruf, mein Bruder (für die, die noch nicht so die Ahnung haben, ich nenne ihn auch gerne den Buddhisten, teilweise wegen dieser Geschichte) der scheinbar gut gelaunt mir das Beste, Schönste und überhaupt wünschte, fragte mich sogleich was ich denn so geschenkt bekommen habe.
Tja, wer aufmerksam diesen recht langen Eingangstext gelesen hat wird wissen, dass ich noch keine Minute Geburtstag hatte, dementsprechend standen zwei unschuldig, unberührte Geschenke neben den Badezimmerlebenskerzen und der noch nicht ausgefüllten Stelle für den Kuchen. Weil ich wusste, dass der Anruf sich wohl mindestens über eine halbe Stunde erstrecken würde und mein Bruder jetzt wissen wollte was ich bekommen habe und ich auch sonst nichts von mir zu erzählen hatte öffnete ich die Geschenke während des Telefonats. Geburtstagsfeier also mit Bruder am Telefon, wieso nicht… War ja nur ein Reinfeiern, zwischendurch stießen der Fanatiker und ich stielecht mit Malzbierfalschen an. 10 Minuten Geschenk besprechen, mein Bruder fing an von seiner Arbeit zu reden, es verwunderte mich auch nicht. Mein Bruder ist lieb, aber nachdem meine Großmutter verstorben ist ist er wohl die ich-bezogenste Person auf dieser Welt.
Er steigerte sich richtig hinein, das kann er gut, liegt in der Familie, darum habe ich an sich dafür Verständnis. Er sprach davon, dass er kündigen wolle, dass man ihn schlecht behandle (was ja auch stimmt, soziale Berufe sind oftmals die Hölle), dass er zu viel Verantwortung habe, dass er ausgelaugt sei, dass er dafür zu wenig Geld verdiene, dass er keine Rente kriegen würde, dass das Prozedere der Kündigung so anstrengend sei, dass ein neuer Job nicht besser werden würde, dazwischen malte er begeistert mir ein Leben eines Straßenkehrers auf, welcher für Nichts als Müll zuständig sei und nur nachts arbeite, so dass er kein Stress mit Menschen habe. Das war aber auch alles an Begeisterung, ansonsten steigerte er sich in eine Riesenwut über Staat und sein Leben an sich rein und war hin und wieder auch fast den Tränen nahe. Der einzige Grund weshalb ich nicht längst aufgelegt hatte. Ist ja nicht so, als hätte ich nichts Besseres zu tun, als an meinem Geburtstag meinen Bruder eine Stunde zuzuhören wie schlecht ihn das Leben behandle. Nebenbei bedauerte er sich auch, weil er so wenig Zeit hatte, so dass er mir nichts schicken konnte. Tatsächlich fand ich das alles nicht schlimm, als er aber davon erzählte, dass es unverschämte Menschen gäbe, die sich andauernd über andere stellen und meinten man müsse sich nur um ihre Belange kümmern, fingt ich nur etwas, ein ganz kleines Bisschen an irre zu kichern.
Aber nach einer Stunde hat er sich dann bei mir entschuldigt, dass er meine Geburtstagsstimmung zerstört habe und versuchte mich damit aufzuheitern, dass doch so schönes Wetter war.
Jetzt war ich ganz endeutig den Tränen nah, denn mein Geburtstag zeichnet sich eigentlich dadurch aus, dass er einem so richtig zeigt was der November so zu bieten hat. Nebel, Schnee, wolkige Atmung und Eisblumen auf den Wangen…
Und was mir jetzt erst einfällt: Der Fanatiker hat meine Lebenskerze ausgepustet, mehr gesagt es waren ja mehrere und eine davon sei sogar von selbst ausgegangen. Nicht nur, dass das ein schlimmes Omen ist, ich habe auch noch einen Geburtstagswunsch verloren!
Mist, ich hätte da doch was vorbereitet…
man muss dazu sagen, dass die kerze NICHT aus dem badezimmer kam, das waren nur die zusätzlichen kerzen, weil eine alleine etwas verloren aussah neben dem riesigen paket, das die sicht auf so ziemlich alles nahm. wäre es nicht mitternacht gewesen, es hätte den himmel verdunkelt. zudem hat eine gewisse person am telefon gesorgt, dass der verspätete kuchen zum frühstmöglichsten kuchen-essen-zeitpunkt auf dem tisch stand. und sogar nicht mehr ofenheiß war. ich frage mich auch immer noch, warum ich es nicht einfach mal wahr mache und das kabel der amtsleitung ziehe... aber an einem geburtstag könnten ja noch mehr leute anrufen. jedenfalls innerhalb der ersten stunde nach mitternacht...
aber ich spare mir meine kommentare dazu besser...
Ich selbst mach mir den Tag heute mal eben, wie ich lustig bin. Letztes Mal eben nach Maastricht ausgebüchst zum Geldausgeben ;-)
Meinen Mann hat es schlimmer, er hat am 24.12.
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie das ist, von so einem quasi Super-Ego permanent unterdrückt zu werden geburtstagstechnisch? Naja...er trägt's mit Fassung ;-)
Muse ist cool, werde die mir auch ansehen in Düsseldorf :-)
(Ich liiiiebe Konzertkarten zum Geburtstag!)
Ich bin mal so frei...
Herzlich Glückwunsch!
Aus Erfahrung kann ich dir sagen das das Leben definitiv keine Omen braucht um schief zu gehen! Ganz im Gegenteil! Das Schicksal ist ein großes Arschloch welches die "bösen" Überraschungen immer so raushaut, ohne die Chance der Vorwarnung. Also lass dich mal von ner Kerze nicht aus dem Konzept bringen. Andererseits sollte man wirklich darüber nachdenken, die Telefonmöglichkeiten zu solchen Tagen auch erheblich einzuschränken!
"Wie ich war nicht erreichbar??? Oh... das tut mir leid... Wirklich nicht???" *g*
Solche Anfälle von Berufsverdrossenheit kannte ich bei meinem Bruder auch. Immer wenn er etwas zuviel getrunken hatte, beklagte er die Ödnis seines Jobs, der ihm weit über 5000 Euro Monatseinkommen, einen privat nutzbaren Dienstwagen und beinahe jährliche Beförderungen einbrachte, und den er genau deshalb gewählt hatte. Das jemandem vorzuheulen, der mit 35/39 Jahren immer noch auf Geld aus der Familie angewiesen war, ziemlich fest damit rechnen konnte, nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen, sorgte für eine leichte Anwandlung von Bitterkeit bzw. eher von Zynismus meinerseits. ;)
Allerdings bleibt auch das seltsame Gefühl, die Bilanz meiner Zufriedenheit im Leben sehe besser aus.... LG tinius