Bacon in Düsseldorf
Noch ein Grund (außer Carravagio) für mich nach Düsseldorf zu fahren wäre ja womöglich die Bacon-Ausstellung. Vielleicht, denn ich bin irgendwie kein Bacon-Fan. Was mich jetzt aber nicht davon abhalten würde einen anzunehmen, wenn mir hier jemand einen schenken will. Na, hat einer einen für mich übrig? Nicht? Na gut, dann nicht…
Aber zurück zur Ausstellung. Die finde ich nämlich interessant, weil Bacon ganz viele Vorlagen hatte für seine Bilder. Ich meine jetzt nicht, dass er einfach von einer Postkarte ein Bild abgemalt hat, sondern, dass er eine Vorlage hatte und daraus etwas Neues schuf. Übrigens heißt auch deshalb die Ausstellung: Die Gewalt des Faktische. Was wiederum einen Ausspruch zitiert, den Bacon gerne benutzte und von Picasso hatte (Quelle vor allem ein Artikel von Mirja Rosenau). „In der Malerei, und nur dort, findet der Maler das Potenzial, das Plus an empfundener Intensität aufzunehmen, das sein leidenschaftliches Verhältnis zur Vorlage und seiner Umwelt bestimmt“, interpretiert Rosenau Bacon, wobei Bacon wohl auch so Picasso interpretierte. Und das (und jetzt kommt die Sache, die mich daran so interessiert) obwohl meines Wissens erst nach Bacons Tod klar wurde, dass Picasso genauso wie Bacon eine Masse an Bildern, Postkarten und was weiß ich als Vorlagen benutzte. Da war womöglich Bacon seinem verehrten Künstler noch viel näher als er dachte…
Bei Picasso weiß man auf den ersten Blick was sein Plus ist, da sind Fotoaufnahmen von irgendwelchen jeweiligen Lebensgefährten, die er als Bild ins nahezu ganz abstrakte variiert, dabei zum fies-genauen Analysator wird. Sieht man auf der einen Seite die Vorlage, eine entzückende Portraitaufnahme, sieht man durch Picassos Blick eine eingesperrte vielschichtige Frau. So in etwa.
Bei Bacon sieht man natürlich auch sofort, dass sein Blick weiter geht, als den der sonst angenommenen Realität. Die Fleischklumpen zeigen natürlich dieses Plus. Aber da ist noch weitaus mehr und nicht ganz so mies anspringend. Da wäre z.B. das Plus der Bewegung. „Wo die Kamera nüchtern Momentaufnahmen aus dem bewegten Leben isoliert, gestattet Bacon den fotografieren Bildern, sofern sie ihm als Malvorlage dienen, Bewegung und Leben gewissermaßen wieder zurück: Während Muybridge jeden Schritt eines Hundes in gestochen scharfen Einzelbildern fixiert, ist das Tier in Bacons daran angelehnter Study for a Running Dog (1954) in Bewegungsunschärfe fast bis zur Unkenntlichkeit verwischt“, erklärt Rosenau. Und natürlich muss ich an meinen geliebten futuristischen Dackel denken. Neu ist das also alles nicht, aber wenn heute jemand Maria mit dem Kinde malt würde ich mich bestimmt nicht beschweren.
Das absolute Plus soll aber bei Bacon noch etwas anderes ausmachen. Und das ist nicht nur die Bewegung, sondern vor allem die Überlagerung vieler Einzelheiten zu einem Ganzen. Platt gesprochen: Bacon nutzt verschiedene Vorlagen um ein neues Ganzes zu produzieren. Ein Beispiel dafür sind Portraits in denen er die dargestellte Person sozusagen mit anderen Gestalten überlagert. Da kann Hitler mit einem Portraits eines Papstes von Velázquez „verschnitten“ werden, oder aber Portraitaufnahmen von Kafka und Freud für ein anderes Portrait und dazu setzt er dann die Vorlagen in Käfige, zu große Räume einzig mit Matratzen möbliert.
Interessant finde ich ihn also schon, aber das Mögen bleibt aus.
P.S.
Und es würde mich interessieren, ob die Bilder hinter Glas sind. In den 60ern hat Bacon angefangen seine Bilder hinter Glas zu setzen, damit der Betrachter durch seine Spiegelung sieht, dass er in das Werk eingebunden ist und das obwohl er sagte, dass er sein Werk nicht für ein Publikum schafft… Wäre spannend wie das die Düsseldorfer Kuratoren sehen.