Pah, Kinderabteilung
S, ein etwas klein geratener, blonder Junge. Mit einem Herz wie Findus, mit Angst darin, die keine Wetterhexe ertragen könnte, mit begnadeten, zu groß geraten, wie an Welpen schlackernde, Trompetenhänden, deren Fingernägel meist vor Dreck starren. Mit S. also in der Kinderabteilung. Er erzählt mit einem Blick, ich höre zu und lasse meine Hand über weiche Stoffe gleiten. Ohne Rosa wird die Auswahl kleiner. Etwas davon schleife ich hinter mir her in die Umkleide, S. folgt mir vor den Vorhang. Er setzt sich auf einen Schemel und holt seufzend aus seinem Rucksack seinen Musikordner. Durch den Spalt im Vorhang raunt er mir zu, dass er diesen sortieren solle, mit Register. Bei jedem Kleidungsstück sagt er mir einen Titel und ich rate zu der Stelle im Register. Erst bei Azad feat. Adel Tawil: Ich glaub’ an dich, reiße ich den Vorhang auf.
- „Ihr singt WAS im Chor?“
- „Äh Ai Hua…“
- „Wie führt man so was als Chor auf?“
- „Äh, Ai Hua…“
- „Das ist kitschig wie nichts Gutes…“
- „Äh du…“
- „…also derbe schlecht!!!“
- er schluckt etwas: „Das Oberteil…, also das passt zur Hose.“ Er zeigt auf den BH, den auch alle anderen im Laden anstarren.
An der Kasse deutet die Verkäuferin auf die Strickjacke mit Sternen darauf und meint: „Die ist aber schon eher für Mädchen.
Ich lächle sie breit an und streiche S. die Haare aus der Stirn: „Ja, S. ist sich noch nicht sicher, heute dies morgen das.“
Ich verdrehe die Augen. „Die Jugend, so unbeständig…“
Ich rausche mit meinem Pflegebruder aus dem Laden.