Tagebucheintrag eines unrasierten Mannes.
Svalbard. Eine kaltgewordene Tasse Kaffee steht neben einem Netbook mit abgegriffener Tastatur
Die Sonne scheint, sie scheint jetzt seit zwei Monaten strahlend auf uns herab, dreht sich und spiegelt sich im Schnee. Durch die hellen Vorhänge dringt ihr Licht weich auf deine Haut. Ich liebe deine blasse Haut, auf der hin und wieder Sommersprossen sich zeigen, die wie an einem frühen Nachthimmel, wie Sterne nur bei langen Hinsehen scheinbar wie Blasen an die Oberfläche eines dunklen Sees auftauchen. Der lange Aufenthalt im Norden, hier am Ende der Welt hat weichen Flaum auf deine Haut gebracht und wir beide lachen, wenn ich darüber streiche und dir die Geschichte der heiligen Magdalena erzähle und dass Künstler im Mittelalter sie mit einem lockigen Haarkleid bedeckten. Du bist also meine Magdalena, weniger schamhaft und weniger heilig, dafür menschlich, süß und weich. Während die Scooter an unserem verhangenen Fenster vorbei in die strahlende Nordnacht fahren, schlafen wir miteinander, decken uns mit unseren Körpern zu und werden durch den Flaum auf deiner Haut daran erinnert, dass wir hier in einer so menschenunfreundlichen Gegend uns befinden. Für mich ist es der hellfreundlichste Ort. Ich weiß jetzt schon, dass ich ihn, dich, die Sonne vermissen werde.