Montag, 10. Dezember 2007

Also Bücher, habe ich auch nur ein paar

Vor Umzügen wird mir durchaus schon mal schlecht, weil ich immer wieder anfange die Kartons nur mit drei Lagen zu füllen, um dann darüber nachzudenken, dass ich gar nicht so viele Kartons habe. Schließlich werden die riesigen Kartons gnadenlos überladen, so dass ich sie gerade so schleppen kann. Und auch wenn ich so gerade unter dem Durchschnitt in der Größe liege, schleppen kann ich.
Ich ziehe aber sowieso nicht gerne um, so dass ich lieber eine Bibliothek besitzen wollen würde, auch wenn in meinem Leben noch der eine oder andere Umzug ansteht. Die Male, in denen ich übrigens Bücher weggeben habe, habe ich äußerst bereut. Anbetracht eines Umzugs geht diese Option schon mal flöten.
Wieso ich davon anfange? Weil mich die Artikelreihe der NZZ total angesprochen hat. Angesprochen wurde eine Reihe an Menschen, wie z.B. den Schriftsteller und Übersetzer Cees Nooteboom, die über ihre Bibliothek schreiben sollten. Der von sich behauptet, dass er keine Bibliothek hat, sondern nur Bücher besitzt. Dabei führt der Platzmangel vor allem zur Bücheranarchie. Und das liebste war mir seine „Muschelsammlung“. An Privatbibliotheken und deren Sortierung wird nun eben immer etwas Persönliches sichtbar. Bei Nooteboom eben, dass er eine Schwäche für Muscheln hatte und da auch das eine oder andere Buchschätzchen im Regal stehen hat, welches man womöglich eher bei einem Meeresbiologen erwarten würde.
Ich lade deshalb nur mir sehr liebe oder ganz fremde Menschen ein um sich meine Bücher anzuschauen… (bestimmt, jedenfalls wenn ich länger drüber nachdenke).

T. Aschenlampe - 11. Dez, 11:16

Die schöne neue Welt der Elektronik wird solche Probleme verschwinden lassen. Denn so sieht die Zukunft aus, die uns die Nerds bescheren möchten: 1 Buch für alle. (http://www.golem.de/0711/56068.html) Hässlich und grässlich, aber wir werden uns dran gewöhnen. Die handgeschriebenen Kodizes aus Pergament waren ja auch viel schöner als die auf Papier gedruckten Inkunabeln. Irgendwann werden wahrscheinlich nur noch verrückte Sammler Bücher besitzen.

Ich finde übrigens auch, dass die Bücher, die ein Mensch besitzt, sehr viel über ihn aussagen - zeige mir Deine Bibliothek und ich sage Dir, wer Du bist.

AiHua - 11. Dez, 17:18

Jedenfalls kann man wirklich sehr viel aus den Büchern schließen.

Das mit dem elektronischen Buch kann ich auch nicht ausschließen. Wenn ich nur vergleiche, dass wir am Anfang meines Studiums nur Zettelkästen und riesig, schwere Bibliographien hatten... und schließlich werden die meisten Texte für Seminare heute auch am Rechner abgearbeitet. Zum Teil ja auch ganz praktisch, billiger, umweltfreundlich...
Dass das alles aber das Buch vertreibt ist für mich (zumindest jetzt noch) sehr schaurig.
erphschwester - 11. Dez, 17:41

es mag ja daran liegen,...

... daß ich tatsächlich schon zum älteren semester gehöre, aber elektronik kann für mich keine bücher ersetzen. ich schätze das internet als riesengroßes nachschlagewerk (daneben nehmen sich meine lexika albern aus), aber ich tue mich ein bißchen schwer damit, meinen G5 mit ins bett zu nehmen. von der sinnlichen komponente ganz zu schweigen ...

sjAlfur - 11. Dez, 18:10

ich stimme dir da aber zu und bin noch etwas jünger (wobei, wenn man die entwicklungsgeschwindigkeit des netzes als altersmaßstab nimmt, rücken wir angesichts dessen, dass ich bis zu meinem abitur noch komplett ohne netz ausgekommen bin und heute teilweise schon in der fünften oder sechsten klasse komplette hausaufgaben auf das netz verlagert werden, doch im altersverhältnis deutlich näher zusammen...). ich glaube aber auch (vielleicht, weil ich es glauben will...), dass ("analoge") bücher genauso wie analo... quatsch, physikalische tonträger nicht komplett ersetzt werden.

[auch wenn ein rechner im bett sicher vorteile gegenüber einem buch haben kann... er spendet wärme, man muss nicht umblättern...]
erphschwester - 11. Dez, 20:00

aber ...

... er liegt so schwer auf dem magen!

AiHua - 11. Dez, 21:27

Hin und wieder nehme ich mein Notebook mit ins Bett, dann liegt er auf einem fetten Buch, welches wiederum auf meiner Wärmfalsche ruht... Ja, bei mir geht es also noch nicht ohne Buch.
tinius - 11. Dez, 20:20

Ich weiß nicht, wieviel hundert gigabyte mein ebookreader aufweisen müßte, nur damit wenigstens meine Bibliothek erhalten bleiben und wachsen könnte. Ich hab beim kindle mal ausgerechnet, daß ich derzeit um die 20 - 30 Geräte brauchte, um nur den Bestand zu erfassen. Das nächste Problem ist leider und unabwendbar die Speicherdauer der Daten, denn technische Geräte und Festplatten haben eine ziemlich kurzen Lebensdauer, zumindest im Vergleich zu heutigen, auf säurefreiem Papier gedruckten Büchern. Ich habe beim kindle auch nicht hören können, daß es möglich wäre Sicherungskopien anzulegen. Zuletzt bleibt noch die Lebensdauer des Anbieters. Denn gerade onlineshops wie amazon sind letztlich bestandsgefährdert. Das platzen der Web - Blase bzw. (wahrscheinlicher :) ein riesiger Klau von Kundendaten würde amazon den Garaus machen....

T. Aschenlampe - 12. Dez, 00:50

Sjalfur hat schon recht - das Buch wird nicht aussterben, wie ja auch noch die Schallplatte existiert - aber eben nur noch für Sammler. Ich denke, dass man sich in 10 Jahren über die Argumente von tinius amüsieren wird. Wozu soll man denn die ganze Zeit eine komplette Bibliothek mit sich herumschleppen? Wozu sich Sorgen über die Lebensdauer von Daten machen, wenn diese per Knopfdruck beliebig oft kopiert werden können - zumindest solange diese keinem DRM unterliegen? Kritikwürdig finde ich eher das miese Design des kindles, den enormen Preis und die drohenden Folgen durch das mit dieser Technologie realisierbare Vertriebskonzept für den Buchhandel und das Verlagswesen. Aber das ist ein anderes und sehr weites Feld. Bis die eInk-Technologie wirklich ausgereift ist, dauert's noch ein bisschen - und solange müssen Leser ihre Bücherkisten noch die Treppen rauf- und runterschleppen, ob sie das wollen oder nicht.
AiHua - 12. Dez, 01:03

Könnte schon sein. Schließlich schreiben heute ja auch immer noch Leute darüber, dass die raschelnde Zeitung am Frühstückstisch nicht weg zudenken ist, dabei gibt es schon sehr viele Menschen, die sich hauptsächlich auf elektronischer Basis informieren. Das dabei das habtische Gefühl von Papier, das Erlebnis von abfärbender Druckerschwärze entfällt, stört schon viele nicht mehr.
Es kann also durchaus sein, dass einige noch den Geruch eines alten Buches lieben, aber es wenig mit der Alltäglichkeit des Lesens zu tun hat.
T. Aschenlampe - 12. Dez, 11:38

Eben. Und das alltägliche Lesen in elektronischen Medien wird es sein, das die Bedeutung des Mediums Buch, so wie wir sie heute kennen, wahrscheinlich verschwinden lassen wird. In der alltäglichen Konkurrenz mit dem Internet wurde aus meinem 24-bändigen Brockhaus inzwischen ja auch eine schöne, aber eigentlich überflüssige bildungsbürgerliche Dekoration. Natürlich ist das sinnliche Erleben mit einem Buch unvergleichlich. Aber das gilt auch für das Schreiben mit einem Füllfederhalter - hält uns das davon ab, immer mehr, ja fast ausschließlich nur noch per Tastatur zu schreiben? Schön ist diese Entwicklung nicht, aber um Schönheit ging es beim technisch-kapitalistischen Fortschritt ja sowieso nie. Dem Buch wird es also wohl ergehen wie dem Segelschiff, der Wachskerze oder dem Spinnrad: schön anzuschauen, romantische Gefühle weckend - aber vergleichsweise unpraktisch und daher für den Alltag ohne Bedeutung.
sjAlfur - 12. Dez, 12:30

ha! und man bedenke die unendlichen möglichkeiten der volltextsuche!

ich glaube, für "informationstragende" bücher wird das so zutreffen. teilweise ja auch ganz praktisch, man denke alleine an die möglichkeiten im studium. schnellerer informationsfluss, kein zur bibliothek rennen mehr, kein "dieses buch ist zurzeit verliehen" usw.

ich hoffe aber, bei romanen wird das nicht so schnell gehen, vielleicht gibt es irgendwann "handheld-e-books", in die man sich romane reinladen kann, dann ist das auch praktisch im bett, zug, etc. kein problem mehr. auch da kann es ja praktisch sein, z.b. richtige displaybeleuchtung... wenn ich da an leseversuche bei nachtbeleuchtung im ICE denke...

allerdings sollte es einige nieschen geben, die etwas über die von segelschiff und spinnrad (wer hat heute noch sowas außer ai hua und heimatmuseen?) hinausgehen (die kerze ist da ein guter vergleich, glaube ich). einem kind würde ich in jedem fall ein richtiges buch in die hand drücken und kein bruchsicheres, speichelabweisendes display. noch nicht mal unbedingt wegen möglicher augenschädigungen (moderne displaytechnik plus einige jahre, naja, man wird sehen...), sondern wegen dem objekt selbst, der "haptischen erfahrung"...

und ich glaube ( soll heießen: stelle mir vor ... ), das wirkt bis zu einem gewissen grad auch in anderen bereichen nach. musik wird es sicher auch immer noch an tonträger gebunden geben und nicht nur als mp3 (oder folgeformate, denn mp3 ist qualitativ ja eh - tschuldigung - arsch...). ich denke auch, dass das über den reinen nostalgiker-markt hinausgehen wird. nicht in wirtschaft und wissenschaft, aber im privaten bereich, ganz einfach weil ich denke, dass die virtualität irgendwann zuviel wird und man darauf achtet, gewisse vor allem liebgewonnene dinge greifbar zu besitzen. ein buch ist eben kein buch, wenn es ein e-book ist, sondern vielmehr ein substitut aus daten, geld ist auch nicht mehr geld, wenn man ec zahlt, sondern eine virtualität...
ich glaube - oder vielleicht hoffe ich das auch nur - dass das maß an ertragbarer virtualität bei einem (nicht-virtuellen) menschen eine grenze hat, die wird zwar sicher noch weiter ausgereizt, aber irgendwo ist schluss. hoffe ich zumindest...

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