tinius - 23. Feb, 01:58

Selbstverständlich kann Musik Lärm sein, Deine erwähnten Orchestermusiker können das ebenso bestätigen wie Rockmusiker und Technofreaks. Die Grundfrage, die sich stellt : darf man es den Leuten nicht selbst überlassen, welche Risiken sie eingehen ? Der Staat oder inwischen auch die EU meinen, alles regeln zu können (um den Menschen vor sich selbst zu schützen). Wird das konsequent durchexerziert, enden wir in einer Diktatur ohne Variationen, Höhepunkte und Entscheidungs - und Bewegungsfreiheit.

sjAlfur - 23. Feb, 09:43

ich stimme tinius da eigentlich voll und ganz zu, habe aber noch eine anmerkung: da im fall der musik eine art gruppenzwang herrscht, sollte man genau hinsehen, wie sehr es wirklich jedem selbst überlassen ist. als orchestermusiker hat man nicht so ohne weiteres die möglichkeit, den arbeitsplatz zu wechseln, und z.b. als solo-musiker zu arbeiten (oder in einem kleinen barock-orchester, etc.) wenn man angst um die eigenen ohren hat. da ist das z.b. bei einer rock- oder metalband einfacher, man legt sich guten schutz zu, z.b. earsafes, die mittlerweile kaum einfluss auf den wahrnehmbaren frequenzgang haben und bei denen man zwischen einigen dezibelstufen im dämmgrad wählen kann. (vorausgesetzt man kann die bezahlen... aber zumindest wenn man das beruflich macht, sollte das schon drin sein.)
bei orchestermusikern wäre es z.b. auch eine überlegung, ob man nicht auf so etwas zurückgreift. dass die riege an musikern vor allem aus dem klassischen bereich da natürlich etwas dagegen hat, ist klar. nicht nur deshalb, weil klassik und ohrstöpsel eine art musikkultureller stilbruch sind und man sich in gewisser weise der unterhaltungsmusik angleichen würde, sondern auch deshalb, weil niemand es gewohnt ist. mit solchen dingern in den ohren musik zu machen ist für die ersten paar mal anfangs natürlich ungewohnt. andererseits ist dann die frage, ob sich grade bei großen romantikorchester die extremen dynamikunterschiede umsetzen lassen. wenn man ein orchester mit 130 musikern hat und man auf den pianissimopart eines solisten am anderen ende des orchesters hören muss, wird es da schwierig.

(hinzu kommt, dass die lärmmessung genormt ist, den vergleich den der 3sat-text zieht, würde ich zumindest anzweifeln, denn es ist für das ohr ein großer unterschied, ob man 110 dB trompete oder 110 dB Presslufthammer/Düsenjet hört... sowas muss man frequenzabhängig über einige milisekunden integrieren, die im ohr die ermüdungserscheinungen und damit die schädigungen verursachen... es gibt da die einheit phon, die vormacht, wie man diese dinge angeht, und ich kenne zumindest die DIN-Norm, die das auch entsprechend bewertet, im ISO-bereich, ist das meines wissens ähnlich.)

ich denke also, dass es schon sinn macht, das thema anzusprechen und zu überdenken, eine lärmschutzverordnung z.b. auf dem bau gibt es ja auch nicht ganz zu unrecht, aber erstens ist der lärm auf dem bau unliebsames nebenprodukt und beim orchester gewollt, und zweitens wäre es vielleicht sinnvoll, auf die orchesterleitungen zuzugehen und sich zu überlegen, ob man in einigen fällen den dynamikumfang nicht ein wenig reduziert und dafür auf bauakustische maßnahmen etc. verzichtet.

in der lärmschutzverordnung ist musik übrigens lärm... da wird kein unterschied gemacht, wer die schallwellen wie und zu welchem zweck generiert.
AiHua - 23. Feb, 23:07

Das Problem ist ja hier nicht nur das der Eigenbestimmung, sondern auch der, wer die Rente, die Behandlung oder was auch immer zahlt, wenn ein Musiker (der fest in einem Orchester angestellt ist) bezahlt.
Und an sich sollte es nach logischem Verstand darum gehen, dass man vorherher etwas tut. Nicht, dass man Wagner abschafft (was ich jetzt persönlich gar ni... äh), sondern dass man die Proben so einrichtet, dass keine Schädigung eintritt. Die meiste Zeit probt ein Musiker sowieso allein, die "lauten" Musiker können zumindest dann doch Stöpsel tragen. Orchesterproben können auch in anderen Räumlichkeiten ausgeführt werden als die wirklich -oftmals- miesen Musikgräben... Was ich jetzt so beispielsweise anführe sind Kompromisse und Planungen. Und die kann man eben nur machen, wenn man sich bewusst ist, dass Musik krankmachender Lärm sein kann, jedenfalls was das sensible Gehör angeht.

Dilemma bei der ganzen Sache ist natürlich, dass Musik nicht Begleitlärm bei der Arbeit ist, sondern Produkt. Und das macht die ganze Sache eben so schwierig.

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