Freitag, 23. Juli 2010

Einsamkeit in Dänemark. Oder ich werfe mein Tagebuch ins Meer.

30.06.2010

Etwa eine Woche ist vergangen und mein Schutzfilm ist verbraucht. Ich stehe kurz davor, meine Meinung klar und deutlich zu formulieren. Mehr gesagt, es mehr als zu einem Thema zutun. Endlich nicht mehr diese –für mich- dummen Weisheiten zu schlucken, endlich nicht mehr nur gedanklich vermerken zu müssen, wie unerträglich dieser ganze Schwachsinn ist. Und ich blicke in Gesichter, die mein auf Ausdrucklosigkeit getrimmtes Gesicht als Zustimmung interpretieren.
Es geht mir auf die Nerven, dass sich diese Menschen so sehr gefallen. Sie verwechseln Selbstgefälligkeit mit Glück und Zufriedenheit und Selbstreflexion und –skepsis mit Undankbarkeit und Selbstmitleid.
Sie lästern über nahe, aber fremd gewordene Leben und beschließen, dass alle depressiven Menschen in eine Schublade zu packen seien, dass alles, was ihnen nicht gefällt, verboten oder abgeschafft gehört. Und wenn andere Freude oder Spaß erleben, den sie nicht nachvollziehen können, dann muss es albern, vulgär, unnötig oder schlimmer sein.
Es sind unerträglich snobistische Menschen! Diese Menschen sind meine Familie, diese Menschen haben mich mit geschaffen.
Und dann diese sich ewig wiederholenden Gespräche! Ich habe sicherlich den Code nicht geknackt, sodass ich nicht interpretieren kann, was das stündlich aufkommende Gespräch über das Wetter bedeuten mag.
Ich fühle mich wie Malinowski. Ich hasse und liebe diese Menschen, die mich interessieren, die ich aber nicht verstehen kann, aber unter denen ich teilnehmend leben muss.

erphschwester (Gast) - 24. Jul, 14:34

ich

halt es da mit wilhelm busch:

Es ist halt schön,
wenn wir die Freunde kommen sehn. –
Schön ist es ferner, wenn sie bleiben
Und sich mit uns die Zeit vertreiben. –
Doch wenn sie schließlich wieder gehen,
ist’s auch recht schön.

ob nun freunde oder familie, ob bei dir oder woanders, alles braucht das rechte maß. kein grund, da eine grundsatzfrage draus zu machen. andere, und stünden sie uns noch so nahe, sind nun einmal anders als wir. dieses vermeintliche einvernehmen, das dich auszustoßen scheint, beruht lediglich auf vor langer zeit getroffenen vereinbarungen und evtl. größerer nähe zueinander, deren bestandteil du eben nicht mehr bist.

nehme ich an.

AiHua - 25. Jul, 00:47

Ich muss da eher an das sprichwort mit den fisch denken. Drei tage alter Fisch fängt an zu riechen...
Und ja, man muss vielleicht keine Grundsatzfrage draus machen. Aber es ist für mich doch erstaunlich, dsas man so manch geliebten Menschen keine Schwäche zeigen darf, denn sonst stürzen sie sich wie die Geier auf Dich...
erphschwester - 25. Jul, 11:00

ich hatte

in meiner familie auch zeitweise das gefühl, nicht dazu zu gehören. inzwischen jedoch tendiere ich dazu, die dinge zu nehmen, wie sie sind: wir alle sind verschiedene menschen. dass wir aus einem "stall" kommen, sagt überhaupt nichts. seither unterstelle ich ihnen nur gutes, was so viel geruhsamer ist als alle anderen denkvarianten.
schau dir meine große schwester an, die seit dem tod der eltern den familienladen zusammen hält, so weit das möglich ist. sie bewundert meine malerei, zeigt sie auch stolz herum, aber verstehen tut sie es nicht, wenn ich über diese dinge rede. es verschließt sich ihr, dass jemand über eine imgrunde kindische sache wie malen (kinder malen!) in solche begeisterung und gleichzeitig solche seelennöte ausbrechen kann. (ja, wenn mich die sache reich und berühmt gemacht hätte ... dann wärs was anderes). sie konnte nie etwas mit meiner "schwere" anfangen. die war eigentlich nur anlass für sie, sich sorgen zu machen. und gerade das will sie nicht: sich sorgen machen müssen. sie will es schön haben. jetzt, wo sie in rente ist, wird ihr die endlichkeit des lebens bewusster als je zuvor. da denkt man doch nicht über probleme nach, wenn sie nicht alltagsbestimmend sind.
usw.usf.
vielleicht wollen es deine leute auch nur schön haben, füllen die tage mit allerhand geplätscher (deswegen auch die wettergespräche), nur um nicht einen moment lang nachdenken und sich sorgen machen zu müssen.

was in ihren köpfen passiert, weisst du nicht. vielleicht sind sie "schwerer" als du glaubst. auch du zeigst ihnen ja nicht dein wahres gesicht. vielleicht ist es eine allgemeine vereinbarung, die alle - nicht nur du mit dir - getroffen haben: wir wollen problemlose ferien haben?
romeomikezulu - 25. Jul, 14:49

Ein sehr interessanter Gedanke, von Frau Erphschwester.

Möglicherwesist ist von den Menschen um Dich herum wirklich zuviel verlangt, offen über "Wichtiges" oder "Bewegendes" zu sprechen, weil sie die Gedanken daran fortzuwischen versuchen.
In so komplexen Konstrukten wie Familientreffen /-urlauben ist Konfliktfreiheit vermutlich wirklich DAS oberst anzustrebende Element.
Manch Einer von ihnen mag im vertrauten Einzelgespräch ganz anders auftreten.

Was das "dem Anderen keine Schwäche zeigen" betrifft:
Da spielt bestimmt die Angst vor dem eigenen Versagen, der eigenen hilfebedürftigen Lebenslage, in die man einmal geraten könnte, mit. Die will Keiner.

Das ist etwa so, wie das Verprügeln des Klassenschwächsten auf dem Schulhof, damit man selbst (als Zweitschwächster, wie man weiß), verschont bleibt.
'Hört sich nicht sehr erwachsen, rational an? Stimmt.
Aber rationales Verhalten von Familiengruppen zu erwarten, das wäre nun SICHER zuviel verlangt ;-)
AiHua - 26. Jul, 08:21

Ich denke, dass es sicher das ungeschriebene Gesetz gibt bei andersdenkenden Menschen innerhalb einer Familie, gewisse Dinge nicht all zu sehr unter die Lupe zu nehmen zu vielen Zeite (vielleicht immer). Allerdings sehe ich noch einen Unterschied darin, wenn es Lebenssituationen gibt oder Krankheiten oder Momente der Schwäche, die man NIE diesen Menschen schildern dürfte, denn sonst würden sie nicht nur einem nicht helfen, sondern verachten.
Sicher, das kann man als Selbstschutzmechanismus sehen. Aber dann frage ich mich, wie menschlich (nach: "Wir wollen nicht der Natur, uns selbst alles verdanken!") wir eigentlich sind?
Aber wie ich ja mit Malinowski ansprach, ist die ganze Situation ja nicht gar ohne Selbstreflexion zu sehen. Aber in seinem Tagebuch darf man mehr (wobei da ja die Wissenschaft sich nicht ganz einig ist), da man nicht kohärent ist.
angelface (Gast) - 12. Mär, 09:50

dein Blog - Page

... nickt, nickt, nickt, - ich surfe mit den Augen nun schon seit einigen Minuten den Monitor rauf runter- rauf unter, nicke, lese, sehe, schaue und verstehe,
kluge worte und Gedanken an denen ich hängen bleibe, bisher kannte ich deinen Blog noch nicht, was ich bedaure...
doch ich habe ja Zeit die ich mir nehme um weiter zu lesen und wie ich rechts sehe, gibt es noch Einiges - Vieles was ich anklicken möchte...
liebe Grüße Angelface

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