Folie oder Künstler
Gestern nutzte Jens-Christian Rabe die Gelegenheit in einem Artikel über Alison Goldfrapp auch gleich etwas von Authentizität von Frauenfiguren in der Popwelt zu schreiben. Anbetracht einiger so genannter Hupfdohlen, die er auch nennt die eine Rolle spielen, denen eher Lieder regelrecht auf den Leib geschrieben werden, hat er nicht so unrecht. Wobei manch so eine Nennung wohl eher falsch und die ein oder andere eben fehlt. Klar, genderspezifisch gibt es eher weibliche „Pophuren“, wie man es wohl frei nach dem Ausspruch Lennox formulieren könnte: "Es sind einige wirklich kluge Frauen im Geschäft, aber der Konsens ist immer noch, dass man sich prostituieren muss." (immer nach dem SZ-Artikel zitiert) Aber das Problem der Authentizität, welches Rabe anspricht und, um dann nur in eine bestimmt Rolle zu verfallen, und alle anderen Visualisierungen der Musik als unauthentisch auffassen mag, ist nicht allein an den weiblichen Figuren fest zu machen. Wie viele männliche „Künstler“ scheinen genauso „Pophuren“ zu sein, ihren Stil dem jeweiligen Produzenten anpassend, die weitaus mehr machen als einer Platte ein homogenes Seelenleben zu geben, sondern durchaus schon mal Lieder, eine ganze Albumidee vorher in der Tasche haben, die sie je nach Künstler passend machen. Das ist im schlimmsten Falle Konfektionsgröße von der Stange, bei der nur noch die Hosenbeine gekürzt werden, im besten Falle namhafte prêt-à-porter. Handwerk/Kunst eines anderen eben. Ein Beispiel von vielen, Pharrell Williams, der seine Albumidee für Michael Jackson einfach mal passend auf Justin Timberlake machte, der damit wiederum zum anerkannten, unabhängigen Talent erhoben wurde, der auch ohne Boyband arbeiten kann.
Auch nur eine Pophure? Naja, es ist immer noch mal die Frage wert, was ein Interpret (wir kennen den Gedanken schließlich auch von der Klassik) eigentlich für ein Künstler ist. Ein reiner Interpret, egal ob Frau der Mann muss ja noch lange nicht nur Folie sein. Und zur Folie eignen sich meiner Meinung nicht nur Frauen, sondern ebenso Männer und das andere da… äh man nennt es wohl Kinder.
Was mir sehr gut an dem Beitrag gefallen hat ist der Ausspruch, dass es Künstler gibt, die sich nicht auf das Schlagwort „Authentizität“ festnageln lassen. Wie es Goldfrapp selber sagt, diese Rollen sind Visualisierungen ihrer Musik, eine Figur. Die Frage nach der Person, nach der Wirklichkeit, ist zwar reizvoll, aber hintergründig. Und eigentlich lässt sich das noch viel weiter ausbreiten.
Und zum gegebenen Anlass das neuste Video von Goldfrapp mit einer neuen Rolle. Und danach Badu, die mit ihrem Video nicht nur sich vor einem Teil der Musikgeschichte (Albumcover) verneigt, sondern durchaus auch mit darzustellenden Figuren spielt.
Goldfrapp: A&E
Erykah Badu: Honey
Ich mag sie besonders gerne als Beatle und Grace Jones.