Sonntag, 24. Februar 2008

Folie oder Künstler

Gestern nutzte Jens-Christian Rabe die Gelegenheit in einem Artikel über Alison Goldfrapp auch gleich etwas von Authentizität von Frauenfiguren in der Popwelt zu schreiben. Anbetracht einiger so genannter Hupfdohlen, die er auch nennt die eine Rolle spielen, denen eher Lieder regelrecht auf den Leib geschrieben werden, hat er nicht so unrecht. Wobei manch so eine Nennung wohl eher falsch und die ein oder andere eben fehlt. Klar, genderspezifisch gibt es eher weibliche „Pophuren“, wie man es wohl frei nach dem Ausspruch Lennox formulieren könnte: "Es sind einige wirklich kluge Frauen im Geschäft, aber der Konsens ist immer noch, dass man sich prostituieren muss." (immer nach dem SZ-Artikel zitiert) Aber das Problem der Authentizität, welches Rabe anspricht und, um dann nur in eine bestimmt Rolle zu verfallen, und alle anderen Visualisierungen der Musik als unauthentisch auffassen mag, ist nicht allein an den weiblichen Figuren fest zu machen. Wie viele männliche „Künstler“ scheinen genauso „Pophuren“ zu sein, ihren Stil dem jeweiligen Produzenten anpassend, die weitaus mehr machen als einer Platte ein homogenes Seelenleben zu geben, sondern durchaus schon mal Lieder, eine ganze Albumidee vorher in der Tasche haben, die sie je nach Künstler passend machen. Das ist im schlimmsten Falle Konfektionsgröße von der Stange, bei der nur noch die Hosenbeine gekürzt werden, im besten Falle namhafte prêt-à-porter. Handwerk/Kunst eines anderen eben. Ein Beispiel von vielen, Pharrell Williams, der seine Albumidee für Michael Jackson einfach mal passend auf Justin Timberlake machte, der damit wiederum zum anerkannten, unabhängigen Talent erhoben wurde, der auch ohne Boyband arbeiten kann.
Auch nur eine Pophure? Naja, es ist immer noch mal die Frage wert, was ein Interpret (wir kennen den Gedanken schließlich auch von der Klassik) eigentlich für ein Künstler ist. Ein reiner Interpret, egal ob Frau der Mann muss ja noch lange nicht nur Folie sein. Und zur Folie eignen sich meiner Meinung nicht nur Frauen, sondern ebenso Männer und das andere da… äh man nennt es wohl Kinder.
Was mir sehr gut an dem Beitrag gefallen hat ist der Ausspruch, dass es Künstler gibt, die sich nicht auf das Schlagwort „Authentizität“ festnageln lassen. Wie es Goldfrapp selber sagt, diese Rollen sind Visualisierungen ihrer Musik, eine Figur. Die Frage nach der Person, nach der Wirklichkeit, ist zwar reizvoll, aber hintergründig. Und eigentlich lässt sich das noch viel weiter ausbreiten.

Und zum gegebenen Anlass das neuste Video von Goldfrapp mit einer neuen Rolle. Und danach Badu, die mit ihrem Video nicht nur sich vor einem Teil der Musikgeschichte (Albumcover) verneigt, sondern durchaus auch mit darzustellenden Figuren spielt.


Goldfrapp: A&E


Erykah Badu: Honey
Ich mag sie besonders gerne als Beatle und Grace Jones.
tinius - 24. Feb, 21:06

Für mich ist inzwischen vieles, was von der Musikindustrie veranstaltet wird, unter Musikprostitution zu verbuchen - Casting - Bands von NKOTb bis Monrose, Gute Laune - Techno von Scooter bis Alex C. (= Christensen), Tokio Hotel bis Madonna. Ich sehe darin auch einen Grund für den Niedergang des Musikgeschäfts weltweit. Denn die Majors schauen zunehmend auf schnellen Umsatz, lassen seit langem Nachhaltigkeit vermissen. Es hat immer schon Gruppen / Interpreten gegeben, die auf das Taschengeld von Teenagern angesetzt waren, aber man bekommt inzwischen den Eindruck, es kostet etwas unabhängiger denkende Akteure heute weitaus mehr Durchsetzungskraft, um bestehen zu können. Denn nach dem Flop kommt schnell das Ende für den Plattenvertrag. Musik ist heute aktienorientierter Kommerz. Was die Dividende schmälert, kann einpacken. Ich höre inzwischen kaum noch Radio, schaue nur selten Musiksender und finde alle Jahre einmal einen Interpreten / eine Interpretin, deren oder dessen Cd ich kaufen wollte. Aber natürlich gibt es unter den Pophuren immer wieder auch Leute, die durchaus etwas können (wenn man sie denn läßt). Aber es scheint sich immer wieder das Roy - Black - Syndrom durchzusetzen : der mußte Schlager singen, weil das Geld und Hörer schaffte im Gegensatz zu seinen Rockmusikambitionen.

mehrLicht - 25. Feb, 10:54

...womit man bei dieser Diskussion ganz schnell an der "Huhn-Ei"-Frage des Popbusiness ankommt. Zur Prostitution gehören nämlich zwei - Anbieter und Konsument. Und die chemikalisch bösartige, weil von Geld und Quoten geprägte Wechselwirkung dieser gebiert den ganzen Mist, den wir tagtäglich aus dem Radio ertragen müssen. Das war aber vor 20, 30 Jahren auch nicht anders. Nur befreien fällt schwer. Wahrscheinlich muss man eine "ökologische" Haltung auch in der Musik annehmen: wovon man selbst überzeugt ist und in seiner bescheidenen Haltung auch meint, dass es "gesund" ist, das nimmt man...
AiHua - 25. Feb, 21:46

Genau. Teilweise frage ich mich auch, ob es da eine große Veränderung gibt. Die Beatles wurden schließlich von ihren Produzenten auch dazu angehalten kurz vor ihren Auftritten nochmal einen neuen Song zu schreiben, damit sie ein paar Minuten länger spielen konnten und neuen Stoff lieferten.
Und das mit der Prostitution ist ja insgesamt schnell geagt, bei einem Produkt, welches durch Präsentation nah an den Körper gebunden ist.

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