Freitag, 1. Mai 2009

Der Auszug des verlorenen Sohnes

Nun fortzugehn von alledem Verworrnen,
das unser ist und uns doch nicht gehört,
das, wie das Wasser in den alten Bornen,
uns zitternd spiegelt und das Bild zerstört;
von allem diesen, das sich wie mit Dornen
noch einmal an uns anhängt - fortzugehn
und Das und Den,
die man schon nicht mehr sah
(so täglich waren sie und so gewöhnlich),
auf einmal anzuschauen: sanft, versöhnlich
und wie an einem Anfang und von nah;
und ahnend einzusehn, wie unpersönlich,
wie über alle hin das Leid geschah,
von dem die Kindheit voll war bis zum Rand -:
Und dann doch fortzugehen, Hand aus Hand,
als ob man ein Geheiltes neu zerrisse,
und fortzugehn: wohin? Ins Ungewisse,
weit in ein unverwandtes warmes Land,
das hinter allem Handeln wie Kulisse
gleichgültig sein wird: Garten oder Wand;
und fortzugehn: warum? Aus Drang, aus Artung,
aus Ungeduld, aus dunkler Erwartung,
aus Unverständlichkeit und Unverstand:


Dies alles auf sich nehmen und vergebens
vielleicht Gehaltnes fallen lassen, um
allein zu sterben, wissend nicht warum -


Ist das der Eingang eines neuen Lebens?

Rilke: Neue Gedichte

Montag, 6. April 2009

Der Schuss

Und hier mein letzter Text, den ich für die Schreibwerkstatt schrieb, als Information, dass es die Schreibwerkstatt durchaus noch gibt. Und jeder kann auch weiterhin zum neuen Satzanfang seinen Text schreiben.

Der neue Satz lautet: Sie suchten den Sonnenhonig...


Montag, 30. März 2009

"when I get lost in you"

Nach langem Bemühen kommt die Erkenntnis, dass ich nicht Einschlafen kann.
Ich kann es nicht, denn ich schlief schon längst. Ich bin nie erwacht und mein Körper zuckt nur unter der verkrumpelten Decke, während ich glaube zu handeln.
Ich denke und ziehe die falschen Schlüsse. Alles scheint sinnig und ist doch nur morastig vielschichtig, trüb und langsam zäh.
Ich träume den Gedanken und weiß nicht, dass das Denken hier anderen Gesetzen gehorcht. Ich versuche den Gedanken festzuhalten, den ich während des Begreifens unausweichlich verforme.
Immer noch versuche ich einzuschlafen und sollte doch erwachen.

Samstag, 28. März 2009

Nudeln

Als Kind mochte ich keine europäischen Nudeln. Ich mochte immer nur die Sauce. Stumm sah ich zweifelnd an Kindergeburtstagen auf den reich gedeckten Tisch mit den großen Schüsseln mit Spaghetti, während die anderen Kinder freudeschreiend an den Tisch liefen. Ich weiß nicht wieso ich sie nicht mochte, ich gewöhnte mich viel schneller an die Kartoffeln, aber nicht so schnell an sie.
Als ich Dich kennen lernte, mochte ich sie zwar, aber noch immer aß ich mehr Sauce als Nudeln und Du mochtest sie sogar pur, mit einem Hauch Salz.

Zwei Jahre später: Mit einem Stoß auf die Arbeitsfläche hatte ich die Packung der Spaghetti geöffnet und wollte sie mit einem Schwung in das kochende Wasser geben. Aber ein Teil hatte sich nicht von der Packung gelöst und fiel verspätet und ungeordnet in den Topf, vereinzelt daneben. Ich war verärgert und Du lachtest nur.
„Mikado!“
Du halfst mir dabei die wirren Nudeln in den Topf zu bekommen, sie zu zähmen und wir lachten, denn immer wieder bezichtigste Du mich, dass ich geschummelt hätte. Die letzte wirre Nudeln zogst Du Dir heraus und nahmst einen Biss. Es knackte leise.
Vollkommen verliebt sah ich Dich an, denn ich verstand Dich nicht.

Vielleicht mag ich seitdem Nudeln.

Heute esse ich Nudeln ohne Sauce und fühle mich allein.

Sonntag, 22. März 2009

Rätsel für Agrarbegeisterte

Was ist das Besondere an der Ernte der Cranberries?

Samstag, 21. März 2009

“Footsteps follow, down through the hollow sound, torn up.”

Der Blick ist weit, während ich über Vogelhecken klettere, mir an getrockneten, Winterbrombeersträuchern die Arme zerkratze. Es fühlt sich gut an und ich schiebe die Arme meiner zu großen Strickjacke noch ein Stück weiter über meine Ellenbogen. Endlich auf dem offenen Feld angelangt, welches mein Auge längst erreicht hatte, sehe ich den Wind über der noch so zarten Wintergerste wehen. Ich singe laut, ich verschrecke nur die weit entfernten Eichhörnchen im Wald. Ich habe ihn genauso zurückgelassen wie die kleinen Häuser mit ihren Satteldächern. Sie und ihren Staub.

"The door slammed loud and rose up a cloud of dust on us "

Langsam war ich aus einem der Häuser herausgetreten, ich weiß längst nicht mehr welches… Ich war herausgetreten, hatte keinen Blick zurückgeworfen, nur noch meinen dick gestrickten Schal um mich geschlungen und war gegangen. Da summte ich noch leis. Ich ging über gepflasterte Straßen und an Zäunen vorbei, an der die Farbe der letzen Jahren abblätterte und ging weiter.
Der Wald war still und meine Stimme hatte Platz lauter zu werden. Ich sang immer die gleichen Zeilen, änderte nur die Stimmen, die ich im Kopf zusammenfügte. Der Boden war weich von den braunen Nadeln.

"You go
Wherever you go today
You go today "

Endlich auf dem Feld schrie ich die Melodie von mir, warf sie in die Luft, in den zerrissenen Himmel und der Wind antwortete. Er riss an meinem Kleid, ließ es auf und zur Seite tanzen.
Nach der Bö schritt ich weiter durch frische Scholle, satte Erde legte sich auf meine Stiefel. Und wie zur Erinnerung spielte der Wind in meinem Haar und flüsterte mir ins Ohr.

"
When a-walking brother don't you forget
It ain't often that you'll ever find a friend "



Fleet Foxes: Mykonos, von der EP Sun Giant, 2008.

Samstag, 14. Februar 2009

Das Tier im Menschen

Isabella Rossellini erklärte mal, dass sie ihren Vater mit einem Huhn vergleichen würde. Das hörte sich für mich erst recht negativ an, doch dann führte sie aus, dass ihr Vater wie eine Glucke gerne seine Kinder um sich versammelte, im Bett lag und mit ihnen kuschelte, beispielsweise wenn er las, einen Mittagsschlaf hielt, seine Filme vorbereitete.
Also ein sehr schönes Bild.
Während ich im hohen Norden Kegelrobben betrachtete, fand ich das Tier, mit dem ich meinen Vater vergleichen konnte. Und das klingt zuerst auch nur verniedlichend, ist es aber nicht.
Und kennt ihr jemanden, denen ihr ein bestimmtes Tier zuschreiben würdet?

Mittwoch, 7. Januar 2009

Neujahr oder wie ich den Hund meiner Schwiegereltern vergiftete

Da ich langsam in das gesetzte Alter komme zu wissen, dass man nicht Silvester auf die Idee kommen sollte für die Party Besorgungen erledigen zu wollen, regelte ich das dieses Jahr schon früher. Zum neuen Jahr sollte es also tatsächlich Baguette geben und keinen Ersatz in Form eines formschönen Kastenbrotes. Nein, was das anbelangt, hatte ich meiner imaginären Strichliste schon etliche Häkchen anfügen können und sogar der abstrusen des Fanatikers. Wir waren also vorbereitet, das neue Jahr konnte kommen und wir hatten zumindest die letzten Tage des alten Jahres vollkommen unter Kontrolle.
Fast jedenfalls, denn wie das Schicksal es wollte, ging ich unter die Giftmischerinnen. Meine Vorsätze für das Neue Jahr schienen unterbewusst zu sein mal einen neuen Berufszweig ergründen zu wollen und neue Pfade zu beschreiten. Ich dachte eigentlich, dass wenn ich einen Mord begehen würde ich eher brachialer ans Werk gehen würde. An einen Dolch, meinetwegen ein Messer, einen Hammer, eine Kettensäge, meine Fäuste oder auch meinetwegen eine Glock als Werkzeug… doch es sollte anders kommen.
Mit seinen Geschwistern hatte sich der Fanatiker bereit erklärt das Haus und vor allem den autistischen Hund zu hüten und darauf zu achten, dass er seine Pillen für sein Drüsenleiden sowie das Beruhigungsmittel, welches er aufgrund seiner Altersdemenz verschrieben bekam, pünktlich morgens und abends in einem diskreten Fleischröllchen verabreicht bekam.
Alles an sich ganz einfach, hatten wir doch sogar eine Strichliste und jeder mindestens dreimal Instruktionen über die richtige Dosierung erhalten. Ein einfacher Job dafür, dass wir nun einen Ort hatten, um mit gleich gesinnten Silvestermuffeln einen schönen Abend verbringen zu können.
Doch eine Verkettung von unglücklichen Missgeschicken führte dann doch zu einigen Verwirrungen und Aufregungen. Niemals las ich vorher so viele Informationen zu Medikamenten und dabei half ich meinem Bruder bei seiner Ausbildung, doch das ist wieder eine andere Geschichte.
Wer hätte gedacht das ein fast kleiner Hund vom Aussehen mehr eine Kreuzung zwischen Schäfchen (nein, kein Schaf) und Ewok soviel Mühe bereiten könnte? Mein Herz brachte dieses Wesen jedenfalls sehr zum Klopfen. Ich war entweder verliebt oder in absoluter, kaum lässig verholener Panik!
Ein, zwei Tage vor Silvester, wir betranken uns schon, denn das können wir Heidjer in geselligen Runden besonders gut und verdrängen zusammen die Zukunft (gut, manche leben schon mehr in der Zukunft und überholen wie die Weltmeister, ohne je einen Führerschein gemacht zu haben, aber denen höre ich nur lächelnd zu) und leben im Jetzt, als ich auf die Uhr blicke. Es ist Zeit für den Hund seine Medikamente zu nehmen. Ich blicke sogar auf die Strichliste, ob womöglich jemand anders die gleiche Idee hatte. Nein, nichts eingetragen. Ich dosiere also alles und wickle es in Pastete und reiche es feierlich dem Hund. Da er dement ist, konnte er mir wohl nicht erklären, dass ich gerade einen folgenschweren Fehler beging. Nein, er leckte sich sogar zufrieden über die Lefzen. Mir erschien die Welt zwar nicht rosig aber irgendwie noch in ihren gebrochenen Fugen.
Das änderte sich, als die Wetterfrau hereinkam, sie ist die Schwester des Fanatikers und eigentlich noch keine fertig ausgebildete Wetterfrau, aber für mich ist Physik genauso erklärbar wie Schamanismus, sodass ich mich mit diesem Teil ihrer Welt kaum auseinandersetze. Besagte Wetterfrau sah meine Striche und Kreise auf der Medikamentenliste und bekam einen ernsten und sicher fast schon zornigen Ausdruck. Wie sich herausstellte, hatte sie dem Hund - ohne Eintragung in die Liste – längst die Tabletten gegeben. Ohne das ich Spaß daran hatte, war ich zu der Frau geworden, die den Hund ihrer Schwiegereltern vergiftete. Ich trank mein Whiskeyglas bis zum Grund aus. Verdammt!
Natürlich waren die Beipackzettel nicht da, sodass ich erstmal im Internet nachforschte und so einiges über die Medikamente des Hunds erfuhr. Das Wölkchen schlief derzeit seelenruhig auf einem Kissen, die anderen betranken sich ruhig weiter, der Fanatiker war sich sicher, dass der Hund mehr wegstecken könne, als man ihm so allgemeinhin ansähe.
Mein Herz pochte.
Nun, eines der Nebenwirkungen eines der Medikamente stellt eine gekrümmte Körperhaltung dar… tja, dieser Hund wusste gar nicht was eine gerade Körperhaltung sein könnte, daran würde ich also keine Gewissheit erhalten. Ich rief den Hund zu mir und fragte nach seinem Befinden, er kratzte sich unbeteiligt am Ohr… er sah nicht gerade nach einem Sterbenden aus, aber ich war mir noch nicht so sicher, mir schwebte der Begriff „walking ghost“ im Kopf herum.
Silvester war gerade vergangen, als ich mir fast sicher war, dass der Hund nicht plötzlich umkippen würde, als ich ihm in eines der Schlappohren zuraunte, dass wir einen Pakt hätten.
Einen Pakt, der nur dem Hund und mich etwas angeht, und den nur ich wiederholen könnte, denn der Hund ist ja dement.

one way or the other

one way or the other

Bleibt alles anders

Eine Fahrt in eine Vergangenheit, die es niemals so gab. Ich werde in eine Landschaft gesogen, die nicht nur durch die Feuchtigkeit Stockflecken aufweist, sondern in gelbstichigen Sepiatönen meine Erinnerungen in sich trägt.
Schweigend höre ich zu. Bin ich ihr Mediator? Gräser fragen mich verzagt und auch die Menschen passen mich ab. An den wie Netzen ausgeworfenen, Hilfe suchenden Blicken gehe ich vorbei. Ich habe nichts zu geben, es tut mir leid. Es tut mir leid. Ansonsten bin ich der Mediator, behalte meine Gefühle im Kopf und versuche mein sprechendes Gesicht starr zu halten.
Aber ich bin farbiger, farbiger als die anderen. Trotzdem fühle ich mich leer. Farbe ist nicht alles.
- „Der Mensch strebt nach Glück und will ewig leben.“
- „Nein.“

Ai Hua.feed

Counter

XStat.de

Bin ich ein Mitläufer?

BLAU MACHEN FÜR TWODAY! NEIN ZUM GRUPPENZWANG!

Aktuelle Beiträge

Danke!
Da wird es bestimmt in nicht all zu ferner Zukunft...
AiHua - 1. Mär, 00:29
Fantasy ist minderwertig
Oder: Elfen = Spinner = Nerd and beware of the fucking...
AiHua - 1. Mär, 00:25
Formelle Danksagung ;)....
Formelle Danksagung ;). Außerdem Retour-Tipp: Auch...
NeonWilderness - 23. Feb, 18:44
.
.
To01 - 16. Feb, 06:49
"it's Sunday evening...
Der Boden in der Wohnung knarrt bei jedem Schritt...
AiHua - 16. Feb, 03:26

Archiv

März 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Meine Kommentare

Danke für den Link hierhin....
Danke für den Link hierhin. Es macht einen wahsinnig,...
erphschwester - 11. Apr, 01:27
Danke!
Da wird es bestimmt in nicht all zu ferner Zukunft...
AiHua - 1. Mär, 00:29
Lange Zeit hatte ich...
Lange Zeit hatte ich Angst, dass ich eine verschrobene...
modeste - 17. Feb, 21:49
Und die Wegführung...
...versagt, immer der Nase nach. :-) Berichte bitte...
mehrlicht - 16. Feb, 13:41
Wird mal wieder Zeit...
Nach dem Datum zu schließen kann man als Abonoment...
NeonWilderness - 16. Feb, 13:22

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6881 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Apr, 02:04

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren