Unerträglichkeit des Ichs
„Ich neide allen ihr Nichtich-Sein. Da mir von allen Unmöglichkeiten diese stets als die allerunmöglichste vorkam, wurde sie zu meiner täglichen Begierde, zu meiner Verzweiflung in allen traurigen Stunden.“ [1]
Ein Blinzeln im Streiflicht, langsam schweben Teilchen durch die Luft. Das Licht trifft darauf, lässt ein sanft staubiges Leuchten durch den Raum flimmern. Mein Blickt betrachtet, nimmt auf. Und verschließt sich wieder, als das Bewusstsein im Raum zu greifen beginnt.
Ich will nicht sein! Und dieser Wille ist so schmerzhaft, weil er wahrscheinlich paradox ist.
Genießerisch habe ich die Tage verbracht, in denen ich Dich vermisste, in denen ich Licht auf meinen Körper streifen und in Erinnerung Deine Finger über meine Haut streichen sah. Ich genoss die Stunden, in denen meine Lippen aufeinander trockneten, weil ich nicht mehr sprechen musste, in denen ich nur mit den Finger beim Lesen drüber fuhr.
Doch mit dem Streiflicht kam ich wieder ins Spiel und kein Griff zum Buch, kein verzweifeltes Festhalten am schmerzhaften Verliebt Sein oder am barfüßigen Janis Joplintanz im abgedunkelten Schlafzimmer bringt mir die Ruhe vor mir und der ängstlichen Leere zurück.
Nunmehr bin ich zittrige Leere, inhaltslos aber mit zu viel Substanz um sich einfach auflösen zu können. Ich liege ob meiner Unfähigkeit in Ketten. Ich bin es nicht, der die Menschheit retten kann, bin keiner der führt oder einfach nur sicher folgen kann. Ich. Zweifler.
Und in den Tagen der Einsamkeit ist selbst der Hass verblasst. Wie beneide ich die Selbstlosen und die, deren Lebensmotto „Unverzagtheit“ ist. Denn was bin ich anderes als Verzagtheit?
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1 Pessoa, Fernando: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, übersetzt v. Inés Koebel. 2011: Fischer, S. 50.
Ist der Andere also etwas, was Du auf keinen Fall sein willst, ergibt sich daraus schonmal ein ziemlich brauchbarer Ansatz.