Dienstag, 7. August 2007

unvorstellbar

Wirklich, ich denke immer noch darüber nach, wie es sein kann, dass eine Jury bei 600 eingeschickten Manuskripten keinen Sieger ermitteln kann. Jedenfalls berichtet davon das Börsenblatt. Die Begründung der Jury des Astrid-Lindgren-Preises entschieden die 10.000 Euro an das neue SOS-Astrid-Lindgren-Kinderdorf zu spenden, dass keines der 600 (ich muss das nochmals schreiben, vielleicht sogar ausgeschrieben) sechshundert Manuskripten die literarische Qualität bewiesen hätte, die sich die Jury wünschte.
Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Die müssen falsche Angaben gemacht haben, so dass einfach Sachen rein kamen, die sie so nicht wollten. Da haben doch nicht 600 Menschen gearbeitet und nur Scheiße abgeliefert. Und wie fühlen sich diese 600 Menschen? Wenn eine Arbeit einer vorgezogen wird, dann heißt das eben, dass die andere besser gefunden wird, aber wenn keine ausgewählt wird, dann ist seine Arbeit einfach schlecht. Da gibt es kein Hin und Her… wie schrecklich… und wie ich nach Tagen feststelle für mich nicht vorstellbar.

tinius - 7. Aug, 20:26

Doch, das kann ich mir sehr gut vorstellen, geht doch die Kommerzialisierung auch im Buchsektor stetig und gewaltig voran. Da hängt man sich - wie man es in der TV - Wirtschaft kennt - an Modewellen, bis das Thema mangels Interesse (und wegen vorheriger Überfütterung) verhungert, da mag es sein, daß man den Kindern literarische Qualitätewn nicht mehr zumuten mag, sondern sprachlich sich einem vermeintlich kindgerechten, aber jedenfalls einfachen Niveau annähert, ebenfalls in den gestalterischen Strukturen. Doch das alles ist vorstellbar, muß sogar - sieht man sich mal die Entwicklung in der Belletristik (Jaud, Wittler etc.) an, sogar als wahrscheinlich gelten.

sjAlfur - 8. Aug, 12:31

naja, mal ganz ehrlich, selbst wenn das niveau sonstwie am sinken ist und aus welchen kommerziellen gründen auch immer nur noch mist veröffentlicht wird, hier geht es doch darum, dass schriftsteller ein manuskript an eine jury einreichen. ich kenn mich da jetzt nicht so aus, aber wenn das nur ein wenig so ist, wie in der musikwelt, dann sollte das etwas grundlegend anderes sein. was sich verkauft und was qualitativ preise abräumt sind doch ganz andere baustellen... jedenfalls über weite strecken. und da kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass unter 600 (!!!) manuskripten nicht eins dabei war, das des preises würdig gewesen wäre. kann ja nicht sein, dass bei sowas 600 leute sachen einreichen, die auf schnelles geld/ruhm/wasauchimmer aus sind. sowas passiert nämlich selbst in der musikbranche nicht, und die gehört ja bekanntlich zu den größten verbrecherkartellen der geschichte...

im ernst: 600-mal dreck? also ein insgesamt sinkendes niveau, okay, würde ich glauben, aber sechshundertmal nur müll? kann ich mit nochsoviel fatalismus und bösem willen der welt gegenüber nicht glauben... damuss doch schon fast aus zufall schon was sinnvolles dabeigewesen sein. [wegen der quanten... ha!...hm...]

AiHua - 8. Aug, 15:34

Wahrscheinlich gibt es die Entwicklung..., aber ich denke auch, dass es auch schon früher Komerz gab, ich meine die ganzen Jane Austen Klone... oder auch bei Oscar Wilde... Aber der ein oder andere idealist wird sich doch unter 600 Leuten finden. Vielleicht wollte die Jury aber auch etwas, was in die Richtung Lindgren geht...
tinius - 9. Aug, 06:07

"Das heißt natürlich nicht, dass keine gut geschriebenen Geschichten darunter waren. Ein Preisbuch, wie wir es uns im Geiste Astrid Lindgrens vorgestellt hätten, war jedoch leider nicht dabei", so begründet Markus Niesen, Programmgeschäftsführer des Verlages Friedrich Oetinger und Juryvorsitzender, das Ergebnis. Quelle : literature.de

sjAlfur - 9. Aug, 08:36

das klingt dann so, als hätten diese leute nach einer zweiten astrid lindgren gesucht, und - was für ein wunder - es war keine dabei... den "gesite astrid lindgrens" würde ich gerne mal in der ausschreibung des preises erklärt sehen...

[das klingt jetzt so - auch wenn das eine völlig aus der luft gegriffene vermutung ist - als wären diese leute eher darauf aus gewesen, eine schriftstellerin zu finden, die man als neue astrid lindgren verkaufen kann... vielleich hatte ich unrecht, und diese preis-leute sind vom grassierenden kapitalismus schon längst geschluckt...?]

AiHua - 9. Aug, 14:02

Ja, das hört sich wirklich einfach dumm an. Gerade wenn man auch guckt, dass Lindgren selber einen weit gefächerten Geschmack hatte.
Brüllmücke - 9. Aug, 22:21

Also ich find' das beruhigend für uns angehende Schriftsteller, dass die Konkurrenz so schlecht ist...;-)
cuZooN (www.zoostations.blogspot.com).

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