Schulbücher
Persönlich habe ich sie nur kennen gelernt, wenn ich meinen Pflegegeschwistern bei den Hausaufgaben geholfen habe, aber durch diese Fremdheit waren sie mir nie soo ganz koscher. Ich wusste nicht viel mit ihnen anzufangen. So verwundert es mich nicht sehr, dass Stiftung Warentest demnach schockiert ist über die gravierenden Mängel der geprüften Biologie- und Geschichtsbücher dreier Bundesländer. Und irgendwie haben sie ja Recht, es dürfte nicht sein, aber es erstaunt eben nicht, dass ausschließlich ein Buch pro Fach ein „Gut“ erhielt. Sicherlich, der Grundgedanke Schulbücher zu stellen um ein Niveau sicherstellen zu können ist ein schönes Ziel, aber dann muss man auch etwas tun. Und man müsste doch auch denken, dass man schließlich aus Erfahrungen (älteren Ausgaben) lernen könnte. Aber auch ganz ohne Stiftung Warentest schien es vorher klar, dass dies nicht der Fall ist. Jetzt wissen wir allerdings, dass auf jeder fünften Seite eines Biologie-Buches ein Fehler lauert. Ganz davon abgesehen, dass die Tester beklagen, dass die Texte schwer verständlich und didaktisch schlecht aufbereitet wären.
Und auch da spiegelt dieses Ergebnis nur die Erfahrung meiner Pflegegeschwister wieder. Ins Desinteresse verfallende Schüller und Lehrer, oder zumindest Menschen, die nicht wissen wie mit dem Stoff umgehen, wie Vermitteln oder wie überhaupt Aufnehmen.
von meinen kindern wiederum, die hier im westen zur schule gingen, erinnere ich z.t. an schwachsinn grenzende schulbücher, die immer, wenn es schwierig zu werden drohte, ins vage abrutschten. einmal sogar habe ich einen vortrag für meine tochter ausgearbeitet, vollkommen wider meine eigenen prinzipien, weil mir zwei seiten großschrift als erklärung des zentralen nervensystems nicht nur etwas wenig, sondern als ein unding erschienen.
kurzum: ich bilde mir ein, vor vierzig jahren mehr und besser gelernt zu haben als die kinder heute. und eigentlich glaubt man ja doch immer, die dinge müßten sich nach vorn entwickeln ...
bücher, um zum thema zurück zu kommen, können immer nur so gut sein wie das system, aus dem heraus sie erscheinen.
Die Katastrophe ist das Fehlen einer Sinnvermittlung. So habe ich es damals erlebt und so erlebe ich es heute bei meinen Kindern. Das Wissen wurde und wird einfach hingeknallt, heute - nach meinem Eindruck - irgendwie zeitgeistiger verpackt und weniger autoritär. Aber wozu diese Unmasse Wissen eigentlich gelernt werden soll, das erklärt/e einem weder das Buch noch der Lehrer. In einer sehr naiven Weise wurde und wird immer noch davon ausgegangen, dass man das selbstverständlich braucht. Aber mir leuchtete es als Pubertierender keineswegs ein, wozu ich mich mit diesen Toten, den Goethes, Schillers und Konsorten beschäftigen sollte. Oder mit den Fallgesetzen. Oder der Integralrechnung. Oder dem Zitronensäurezyklus. Oder dem Ackerbau in Indien. Und, und, und. Und das ist doch heute noch das Gleiche. Wenn mich meine Kinder irgendwas aus der Schule fragen, weil was sie nicht verstanden haben, sei es etwas Natur- oder etwas Geisteswissenschaftliches, bemerke ich, dass sie es nicht verstehen, weil sie es nicht einordnen können, weil ihnen niemand den Ort gezeigt hat, an dem dieses Wissen einen Sinn bekommt. So ein nutzlos erscheinendes Wissen wird weder gern gelernt noch gut behalten.
Ich vermute, dass den Wissensvermittlern, den Lehrern und Schulbuchschreibern, dieser Sinn ebenso wenig präsent ist, anders kann ich mir nicht erklären, warum die Schulbücher einen so zerfaserten, strubbligen Eindruck machen. Die Pädagogen denken wohl: Man muss es halt lernen, weil man es zu einem Kanon gehört und weil man es angeblich irgendwann brauchen kann. Das ist so wahr wie es falsch ist. Ich bin nach der Schulzeit ohne Fallgesetze und Integralrechnung durchs Leben gekommen. Und der Kanon ist ein Witz, wenn ich mir vorstelle, was Kindern alles nicht oder nur beiläufig beigebracht wird: Medienkompetenz, Wirtschaftskompetenz, Sozialkompetenz, Geschmackskompetenz. Na ja, ein weites Feld.
Und jetzt bitte noch ganz PISAlike die Nachbarländer kontrolliert! Ich will wissen ob wir mit dieser Dämlichkeit alleine auf unserem Kontinent dastehen oder ob es noch andere getroffen hat... Ich habe ja so eine Ahnung...
Schulbuchverlage sind halt privatwirtschaftliche Unternehmungen, was allerdings nicht heißen soll, daß staatliche Schulbücher die bessere Alternative und vor allem fehlerfrei wären.
Didaktik und Methodik sehe ich als ein grundsätzliches - und beinahe philosophisches Problem : kann so etwas überhaupt und für die Mehrheit der Schüler funktionieren oder ist es nicht nur ein abstraktes, theoretisches Modell, das allenfalls durch engagierte Lehrer, die ihre Schüler und deren Wissensstand und Verarbeitungsmechanismen kennen, an Leben gewinnen kann ?
Ich zumindest habe immer einen Lehrer gebraucht, selbst als Erwachsener in der Berufsschule war es mir wichtig, Fragen stellen und Diskussionen zur Vertiefung führen zu können (und dann anhand meiner Aufzeichnungen zu lernen).
Ein weiterer Punkt ist, daß sich Schule immer mehr zur reinen Fakten - und Wissensvermittlung hin verschoben hat, während etwa die Frage, was fange ich mit diesem Wissen praktisch an, keine oder nur geringe Relevanz hat. Dementsprechend sind dann halt auch die Schulbücher - Kompendien recht trockener, rein theoretischer Inhalte.
Zuletzt : ich kann mich an meine gescheiterten Selbstlernversuche bei Fremdsprachen erinnern. Auch hier fehlte mindestens immer ein Gegenüber, das korrigierte, das Sprache in der Anwendung lebendig machte. LG tinius
Aber ich bewege mich da auf dünnes Eis, ich habe nicht viel Ahnung von Schulliteratur. Was mich aber auch wieder zu dem Thema Schulwesen bringt. Und da finde ich eindeutig, dass nicht ein Schulwesen alle Kinder abdecken kann. Darum sollte es auch eine Flut von verschiedenen Systemen geben, um dem einzelnen gerecht zu werden. Ich halte beispielsweise persönlich die Waldorfschule oftmals als die bessere Schulart als die jetzige staatliche, aber ich würde nicht behaupten, dass jedes Kind mit dieser Form zurecht kommt.
Aber zurück zum Lehrmaterial und dem Lehrer: Das beides gehört ganz dicht zusammen, der Lehrer sollte auch zu seinem Material stehen. Es sollte nicht so sein, dass man ihm einfach Material in die Hand gibt, mit dem er nichts anfangen kann. Und ja, ich weiß, es gibt durchaus Lehrer, die mit Lernmaterial sehr gut umgehen und sehr gewissenhaft in der Auswahl sind. Aber irgendwie befürchte ich, dass das die Ausnahme im staatlichen System ist.